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Deutsche Evangelische Ortschaft aus dem BANAT
MRAMORAK
(Ehemaliges Jugoslawien)

GEDENKWORT (von Pfarrer J. Stehle)



UEBERSICHT - INHALT




ZUM GEDENKEN AN DIE TOTEN DER ORTSCHAFT MRAMORAK


Zum Gedenken an die Toten der Ortschaft M R A M O R A K
(abgedruckt im Büchlein: "36.Mramoraker Treffen - 24.9.1988)

Liebe Landsleute!

Erinnerung an unsere Toten! Dies tue ich als einer, der am Leben bleiben durfte. Ich tue es als ein Mramoraker, aber auch als ein Christ. Das Denken an die Toten aber soll uns für dieses Leben nicht untüchtig, sondern tüchtig machen.

In diesen Tagen erhielt ich durch die Post einen Brief eines unserer Landsleute. Voller Wehmut erwähnt er darin seinen Sohn. Es war einer der 100 Mramoraker Männer (junge und alte!), die man nach Bawanischta verschleppte. In einem Massengrab fanden sie ihre letzte Ruhe.

Wieviel Wehmut, wieviel Leid kommt in dieser kurzen Notiz zum Ausdruck, durch das unsere Landsleute gehen mußten. Viele von ihnen - über 200 Tote - fanden dabei den Tod! Noch leben viele Angehörige dieser Toten! Sie haben ihren Toten schon längst ein bleibendes Zeichen und Erinnerung in ihren Herzen gesetzt. Die Liebe vergißt nicht - und sie vergißt auch nicht die Toten.

1820 - 1944, knapp 125 Jahre, waren den Ansiedlern und ihren Nachkommen dort im Banat, in ihrer neuen Heimat, geschenkt. In dieser Zeit hatten sie diese neue Heimat mit viel Blut und Schweiß bezahlt! Sie waren immer der Spielball der großen Politik gewesen. Und sie hatten es verstanden, in dem Kommen und Gehen der Großen als "Landleute" ihre, ihnen von Gott gegebenen Pflichten, zu erfüllen.

In diesen 125 Jahren haben sie ein Beispiel ohne Gleichen für die Möglichkeit des Zusammenlebens verschiedener Sprachen, Nationen und Konfessionen gesetzt. Sie haben vorgelebt, was heute einer nahe zusammengerückten Welt so nötig ist: friedliche Koexistenz. Dies geschah unter Bewahrung der eigenen Identität und ohne die Verachtung der des anderen.


Daß diesen Toten heute ein ZEICHEN gesetzt werden soll, ist richtig. Es soll ein Mahnmal sein für die Nachkommen. Aber auch eine Erinnerung an den Glauben, die Hoffnung und die Liebe derer, die zum Opfer grausamer und ungerechter Politik um Macht und Vorherrschaft wurden.

In der Bibel, im Buch des Propheten Jesaja, lesen wir im 19 Kapitel von einer wunderbaren Verheißung Gottes:

"Zu der Zeit wird für den HERRN ein Altar mitten in Ägyptenland sein und ein Steinmal für den HERRN an seiner Grenze; das wird ein Zeichen und Zeugnis sein für den Herrn Zebaoth in Ägyptenland. Wenn sie zum HERRN schreien vor den Bedrängern, so wird er ihnen einen Retter senden; der wird ihre Sache führen und sie erretten." (V.19-20)

Dieser Stein hier auf dem Friedhof von Oßweil-Ludwigsburg, der Stadt, die im Besonderen der Treffpunkt der Überlebenden nach dem schrecklichen Krieg und der Vertreibung wurde , soll ein Stein des Gedächtnisses sein. Aber der Stein soll auch ein "Zeiger auf den lebendigen Gott" sein: die Kreuze weisen ja auf IHN. Die Völker ziehen ihre Wege. Oft achten sie nicht auf die Stimme des lebendigen Gottes. Weil sie seine Gebote des Lebens übertreten, wanken sie in das Gericht. Wer Wind sät, der wird Sturm ernten! Das haben Nationen in den Jahren des 2.Weltkrieges erfahren müssen.


Aber das "Zeichen des HERRN" ist auch ein Zeichen und Zeugnis, daß Gott der HERR der Lebendige ist. Über allem Tun der Menschen steht Er - er hört auf das "Schreien der Bedrängten". ER hat auch das Schreien unserer Landsleute in den Hungerslagern und an den Fronten und in den Baracken der Flüchtlingslager gehört.

Aber er hat nicht nur unser Schreien gehört. ER hört das Schreien aller Verfolgten und Gequälten aller Nationen. Ihnen allen hat er den Heiland - seinen Retter, Jesus Christus gesandt. Dieser Jesus führt nun die Sache derer, die ihr ganzes Vertrauen auf Gott stellen. Da gibt es nun keine Grenze mehr zwischen "Ägypten und Kanaan" die unüberschreitbar wäre! Da gibt es keinen Graben mehr zwischen den Nationen, der nicht überbrückbar wäre. Zwischen den "Fronten" steht das Zeichen Gottes - das Zeichen des Kreuzes - das Zeichen der Versöhnung. Auch über dem Graben, der unsere Toten von uns, den Lebenden, trennt: Jesus, der auferstandene Heiland.

So soll auch dieser Denkstein nicht aufgerichtet werden um Rachegefühle zu schüren, sondern um das Andenken an geliebte Menschen zu bewahren. Mit ihnen hatte Gott einen anderen Weg - ihnen hat er Ruhe in der Heimaterde geschenkt. oder irgendwo in fremder Erde! Allen aber hat er seine ewige Ruhe verheißen, die da glauben. Am 5.November 1945 fand mit der Deportation der Alten und Kranken, der Frauen und Kinder nach Rudolfsgnad die Geschichte unserer Ahnen und ihr Werk der Ansiedlung dort im Banat ihr Ende. Aber ihre Geschichte ist nicht vergessen: Zeichen und Zeugnis ihres Glaubens und ihres Lebens möge uns dieser Denkstein sein und bleiben - uns, die wir mit dem Leben davongekommen sind - uns, denen Gott einen Neuanfang in dem Land geschenkt hat, aus dem einst unsere Vorfahren ausgezogen waren.

Gedenkt Eurer Toten! Und vergeßt die Lebenden nicht!

Ihr Landsmann
Pfarrer J. Stehle , Steinenberg




Siehe auch:
  • GEDENKSTEIN DER MRAMORAKER IN OSSWEIL (Ludwgisburg)
  • Mramoraker Kirchen-Glocken
  • Besuch des Friedhofs - 2003


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